Paischer genießt die Spiele jetzt so richtig

Mit Silber in der Tasche kann sich der Judoka als Zuschauer nun ganz der olympischen Atmosphäre hingeben.

Seine Strategie ist aufgegangen. Judoka Ludwig Paischer hatte sich vorgenommen, Olympia nicht an sich heranzulassen. Erst wenn er seine Kämpfe geschlagen hat, wollte er sich von der Atmosphäre gefangen nehmen lassen. Das kann der Salzburger nun mit großer Zufriedenheit tun, mit Silber in der Tasche lässt es sich auch befreiter durchs Olympische Dorf in Peking spazieren. Danach steht erst einmal Urlaub mit Freundin Johanna auf dem Programm, ehe es an der Zeit ist, sich neue Ziele zu setzen.

Einen kurzen Moment brauchte der 60-Kilogramm-Kämpfer, ehe die anfängliche Enttäuschung über die Niederlage im Finale gegen den Koreaner Choi Min Ho in Freude über Silber umschlug. „So richtig wird es erst kommen, wenn ich realisiere, was ich erreicht habe, dann kommt diese tiefgründige Freude. Aus der Niederlage 2004 in Athen habe ich viel gelernt, heute habe ich es ins Positive umgewandelt.“ Vor sieben Jahren habe er seiner Oma gesagt, dass er irgendwann Olympiasieger werden will. „Ganz hat es zwar noch nicht geklappt, aber diese Medaille spiegelt alles wider, wofür ich seit Jahren arbeite.“ Die Oma war in der Kirche, während der Enkelsohn kämpfte. Aber sie gab ihm, gestand er zu später Stunde im Österreich-Haus, eine Hose seines verstorbenen Großvaters mit, die Paischers Clubtrainer Gerhard Dorfinger den ganzen Wettkampftag in Peking trug.

Auf einen Schlag vorbei

Paischer hat sehr harte Monate hinter sich. „Man ist so fokussiert und in seinem Leben drinnen. Für mich gab es nur Trainieren und Schlafen, dass ich für Olympia top in Form bin. Und jetzt, zack, bumm, ist es aus. Was du ein ganzes Jahr vorbereitet hast, ist mit einem Schlag vorbei.“ Bei diesem Moment waren nicht nur sein Fanclub, sondern auch zahlreiche weitere Österreicher in der Halle mit dabei. „Für mich ist es sehr motivierend, vor solch einer Kulisse zu kämpfen. Ich bin generell ein Publikumskämpfer, Paris ist mein Lieblingsturnier, heute war es hier super zu kämpfen.“ Bereits am Montag wird Paischer wieder seinen Anzug überstreifen und mit Trainingspartnerin Sabrina Filzmoser aufwärmen.

Erfolgreiches Judoka-Gespann

Paischer, Filzmoser und Nationaltrainer Udo Quellmalz sind ein Erfolgsgespann, die Zusammenarbeit verläuft sehr harmonisch. „Der Erfolg spricht für uns“, sagt der 26-jährige Zeitsoldat und Student (Master of Economic Management in London). Quellmalz hatte nach seinem erfolgreichen Engagement in Großbritannien eine Auszeit genommen, zwei Jahre war er bereits weg aus der Judo-Szene, als Paischer den Kontakt suchte. „Ich habe gemerkt, ich brauche noch einen weiteren Input, um mich noch weiter zu verbessern. Das vorherige Training war super, aber ich hatte es schon lange, ich brauchte ein bisserl Abwechslung. Und ich war der Meinung, vier Augen sehen mehr als zwei und können mich weiterbringen.“

So schnell ließ sich der Olympiasieger und zweifache Weltmeister aus Deutschland aber nicht überreden, die Tätigkeit in Österreich aufzunehmen. „Am Anfang war er nicht so begeistert. Er hatte schon abgeschlossen mit dem Kapitel. Aber er ist einer, wenn er dann wieder auf der Matte ist als Kämpfer oder Trainer, dann packt ihn das Fieber wieder, und ich war sehr froh darüber, dass wir die Entscheidung durchgezogen haben.“ Die Umstellung auf das neue Training habe ihm sehr viel Kraft gekostet. „Aber jetzt, mit der Medaille um den Hals, war es richtig.“ Er habe zum richtigen Zeitpunkt gecheckt, dass er eine Veränderung brauchte.

Die Leistung zählt

Diese Medaille als Prunkstück bedeutet natürlich etwas, aber viel wichtiger ist das Gefühl, das sie ihm beschert. „Ich bin keiner, der sich mit der Medaille schlafen legt. Eine Medaille ist optisch schön, innerlich zählt für mich die Leistung, die ich gebracht habe. Die Goldmedaille bei der EM war eine Katastrophe. Aber wie sie ausschaut, ist dem Sportler egal. Wichtig ist, dass man das Ziel erreicht hat.“

Die Zeit, sich neue Ziele zu stecken, wird kommen. Ob es Olympiagold sein muss? „Jein. Ich fühle irgendwie, dass ich schon sehr viel erreicht habe.“ Doch zu siegen, dieses Gefühl will er auch in Zukunft erleben. „An dem Tag, an dem ich nicht mehr gewinnen will, höre ich sofort auf.“ Selbstbewusst zu sein, hat er erst lernen müssen. Doch eines ist ihm wichtig: „Man darf Selbstvertrauen nicht mit Hochmut verwechseln.“

Quelle: Kurier