Haben Glück, dass EM erst in zwei Monaten ist“WIEN — Mit freiem Eintritt beim Kauf einer EM-Karte wollten die Veranstalter Besucher zum Judo-Weltcup am vergangenen Wochenende locken.
Das Echo hielt sich aber in Grenzen.
Nur eine Handvoll Zuschauer verirrte sich in das fast 8.000 Zuschauer fassende Oval. Von Hexenkessel also keine Spur.
Opernglas gefragt
Hinzu kommt, dass die wenigen Fans wegen der Radbahn die Matte nur aus der Ferne bestaunen konnten. Die Namen der Kämpfer auf den Anzeigetafeln waren – wenn überhaupt – nur mit Mühe zu entziffern.
„Die Zuschauer sind viel zu weit weg“, bestätigte auch der japanische Olympiasieger von Sydney 2000 Kosei Inoue.
Die Größe der Halle hingegen gefiel der lebenden Judo-Legende. Doch wird diese bei der EM von 22. bis 25. April überhaupt voll werden?
„Vielleicht. In Japan würden wir das bestimmt schaffen. Aber wir Japaner dürfen nun mal nicht bei der EM mitmachen“, meint der Mann, der als einer der besten Uchi-mata-Werfer aller Zeiten gilt, mit einem Grinsen im Gespräch mit LAOLA1.
Keine Wahl
Das Problem mit der Stadion-Größe ist auch den Veranstaltern nicht entgangen. Sie bekamen die Halle von der Stadt Wien, die das Dusika wieder mehr beleben will, vorgesetzt.
„Wir planen, die Radbahn mit einer Tribüne zu überbauen und mit der Matte noch näher an die Tribüne ranzugehen“, erklärt ÖJV-Generalsekretär Paul Fiala.
Darüber hinaus wird über ein Abhängen der halben Halle diskutiert, um die Kesselwirkung zu erhöhen. Das müsste bei großer Kartennachfrage laut Fiala allerdings noch einmal überdacht werden.
Noch zwei Monate Zeit
Auch abseits des geringen Zuschaueraufkommens hatte die EM-Generalprobe mit zahlreichen „Kinderkrankheiten“ zu kämpfen.
Eine fehlende Waage bei der Gewichtskontrolle, Schwierigkeiten beim Organisieren von Zeitsignalen sowie bei der Einteilung und Koordination von Personal oder auch ein Trainingslager, das auf gewissen Ausschreibungen gar nicht angeführt wurde, sind nur einige Beispiele, die beim Probegalopp nicht reibungsfrei verliefen.
„Wir haben Glück, dass wir noch zwei Monate Zeit haben“, meint Fiala, der die Generalprobe insofern als „geglückt“ bezeichnet, da sie Fehler aufgezeigt hat.
Anführer gesucht
Die größte Schwachstelle ortet Fiala bei der „Zuweisung der Verantwortungsbereiche der einzelnen Mitarbeiter“. Ein Punkt, der auch Daniel Lascau, Vize-Präsident des europäischen Verbandes EJU, ins Auge gestochen ist: „Es fehlt jemand, der sagt, wo es langgeht.“
Eine Aufgabe, die eigentlich dem Organisationschef der EM, also Generalsekretär Fiala, obliegt. Der sieht sich allerdings nicht in der Rolle des großen Anführers.
„Ich als Angestellter des ÖJV muss sagen, dass ich meinen Part – so glaube ich – ganz gut gemacht habe. Aber ich kann ehrenamtlichen Funktionären nicht Sachen anschaffen.“
Die Frage, die sich Außenstehenden aufdrängt: Wer wenn nicht der Organisationschef selbst sollte Aufträge ausgeben?
„Um einen Weltcup und im weiteren Sinne eine Europameisterschaft zu organisieren, braucht es mehr als eine Person“, meint Fiala weiter.
Ein zulässiger Vergleich?
Die Weltmeisterschaften vergangenes Jahr in Rotterdam gelten unter Sportlern und Funktionären als Event der Superlative, als eine Judo-Veranstaltung, die neue Maßstäbe setzte.
Vor Ort war damals auch Fiala, der sich den organisatorischen Lobeshymnen vieler aber nicht anschließen konnte.
„Aus meiner Sicht haben dort viele Sachen nicht geklappt. Der Einlass in die Halle war eine Katastrophe. Viele der Österreicher sind zum ersten Kampf von Ludwig Paischer zu spät rein gekommen. Auch bei den Akkreditierungen sowie bei den Hotels hat Etliches nicht hingehaut“, behauptet Fiala.
Ruft man sich allerdings das Sportfest von Rotterdam in Erinnerung und vergleicht es mit dem Weltcup in Wien, drängt sich vielen Fans ein Slogan einer Wiener Versicherung auf, der da lautet: „Ihre Sorgen möchten wir haben.“
Schwer erreichbares Publikum
Dass in Sachen Promotion für die EM bisher nicht mehr gemacht wurde, macht Fiala am limitierten Budget fest.
„Dennoch wollen wir probieren, in den nächsten Wochen verstärkt Werbung zu machen, um zu versuchen, dass zumindest in Wien jeder weiß, dass die Judo-EM stattfindet.“
Böse Zungen behaupten allerdings, dass das nicht viel bringen wird, kam doch bereits am Wochenende der Großteil der Zuschauer aus den Bundesländern. Die Wiener scheinen ohnehin nur sehr schwer für Judo zu begeistern zu sein.
Auf wen es ankommt
„Jetzt ist der Verband gefordert“, rüttelt Sheldon Franco Rooks, Kommentator des Internet-Senders „Judo-TV“, die Verantwortlichen wach.
„DIE müssen die Vereine und die Massen mobilisieren. Niemand sonst ist für das Judo in Österreich verantwortlich.“
„Die EM ist nicht mehr weit weg, deshalb müssen sie jetzt ihre Hintern hoch bekommen.“
Quelle: Laola1.at