Judoverband feilt an neuen Konzepten

Der Mattenbau wird renoviert: Nach dem WM-Debakel denkt der Judoverband über den Nachwuchs nach. Und stellt im Trainerteam um.

Auf seiner Digitaluhr steht: (J)udo. Symbolisch für die Bindung, die Udo Quellmalz zu seinem Sport hat. Judo-Udo war 1996 für Deutschland Olympiasieger und ist heute Österreichs Nationaltrainer.

Der Startrainer wirkt noch immer geknickt nach dem schlechten Abschneiden bei der WM in Rotterdam im August: Erstmals seit 2003 blieb Österreich bei einem Großturnier ohne Medaille, auch Ludwig Paischer und Sabrina Filzmoser gingen leer aus.

Noch schmerzvoller: Vier von fünf Startern schieden im ersten Kampf aus. Hans-Paul Kutschera, Präsident des Judoverbandes, wollte da nicht zur Tagesordnung übergehen, zumal im April 2010 die Heim-EM in Wien ansteht: „Ein Paischer hat so viel geleistet, der darf auch mal einen schlechten Tag haben, und Udo ist fachlich unumstritten. Aber so ein Ergebnis ist keine Eintagsfliege.“

Sorge

Auch wenn man es im Verband nicht zugeben will, die Zukunftsangst geht um: Claudia Heill hat schon im Juni aufgehört, nach Olympia 2012 in London steht das Karriereende von Paischer und Filzmoser an, die heute beim Tag des Sports auftreten.

Aber wer kommt nach den drei Medaillenlieferanten? Zwei Lager formieren sich in Judo-Österreich: Die einen sind sicher, dass der Nachwuchs fit genug ist, in die Fußstapfen zu treten, die Paischer und Co. auf der Matte hinterlassen haben.

Beispiel: Bei der U-20-EM in Armenien gab es kürzlich zwei Mal Bronze. Aber die Kritiker sagen: Der Vermarktungswahn des Weltverbandes hat eine Flut an Turnieren gebracht; mehr Nachwuchsklassen wurden eingeführt, es gibt drei Mal so viele EM- und WM-Medaillen zu gewinnen.

Nie waren die Chancen auf Podestplätze also so groß, daher sind solche Ergebnisse auch kein Erfolgsindikator. Quellmalz sagt es diplomatisch: „Medaillen bei der U-20-EM sind super. Der Einstieg auf dem Weg ganz nach oben. Aber dieser Weg ist sehr lang.“

Für Peter Seisenbacher ist es keine Überraschung, dass der Abschied von Paischer und Filzmoser eine Lücke reißen könnte. Das hat er auch nach seinen zwei Olympiasiegen 1984 und 1988 erlebt: „Dass Jahrgänge ausfallen, passiert oft. Man engagiert sich im Verband für die Guten, alles wird auf deren Erfolg haben. Das ist doch logisch. Aber es braucht jetzt ein Konzept, sonst ist man bald auf Zufälle angewiesen.“

Hoffnung

Präsident Kutschera wollte so ein Konzept von Quellmalz, am Donnerstag folgte die Aussprache. Eckpunkte: Quellmalz arbeitet vorrangig mit den zwei Topathleten, bleibt aber der Kopf des Trainerteams. Die U-20- und U-23-Trainer werden eingebunden, sogar an Aufstockung denkt Kutschera – in Rotterdam hatte Quellmalz die fünf Starter noch alleine betreuen müssen. Eine Mammutaufgabe.

Wie lange es nun wirklich dauert, bis „ein neuer Paischer“ oder „eine neue Filzmoser“ gefunden ist, kann und will der Trainer nicht sagen. Das steht nicht mal auf der (J)udo-Uhr.

Quelle: Kurier, Dominik Sinnreich